Wer kennt es nicht, dieses laute und verdächtige Rascheln und Knistern? Diese Duftwolke aus Kartoffel, Paprika, Käse oder Zwiebel, die nur darauf wartet, uns nach dem Öffnen den Kopf zu vernebeln? Das würzige „auf der Zunge zerbrechen“, nach dem ich mir eine extra große in Mund gesteckt habe, und sie genüsslich mit meinen Zähnen zermalme? Ja, eine Tüte Chips kaufen und aufreißen, das hat schon etwas Besonderes.
Aber geplant ist sie, diese Entdeckungsreise. Oder anders gesagt: manipuliert. Alles folgt einer gut ausgefeilten Dramaturgie des Kaufes. Die Wege im Supermarkt führen mich vorbei an Landschaften voller Regale, dekorierten Präsentiertischen und frisch befüllten Theken, immer meinem guten Gewissen folgend. Bevor ich also die Chips, die Flips und all die sündbaren Süßigkeiten zu greifen bekomme, laufe ich erstmal durch die Obst- und Gemüseabteilung. Frisch soll alles aussehen. Und nach mehr grün, nach mehr rot, nach mehr gesund. Und mit Spiegeln gespiegelt: Spieglein, Spieglein deck dich. Mein Gewissen dankt es mir jedenfalls, denn mit Äpfeln, Gurken und Salaten habe ich viele Gründe, mich dann später dem nicht ganz so Gesunden zu ergeben. Aber Achtung: Billig ist immer ganz unten, dafür muss ich mich bücken. Vielleicht bin ich manchmal auch einfach etwas zu faul dafür. Auch das gehört zur Dramaturgie.
Na super!
Supermärkte und deren verpackte Waren sind bunt, voller Formen, Farben und Fühlbarem. Schließlich verbringe ich einen guten Teil meiner Freizeit im Supermarkt. Also soll ich dort auch etwas erleben. Zumindest will sich das der Supermarkt meines Vertrauens. So kaufe ich dann oft mehr Verpackung als Essbares, einfach nur um mit den vielen Geräuschen und Farben meine Bedürfnisse zu befriedigen. Ja, richtig – meine Bedürfnisse. Lifestyle, Anerkennung, Status, Leistung. Es ist ein Unterschied, ob ich meinem Freund eine Tafel Lindt-Schokolade oder eine Tafel von „Ja“ schenke. Aus der schieren Masse an lauter Buntheit erkenne ich meinen Lieblingsjoghurt an der Verpackung. Oder richte überhaupt erst meine Augen darauf. Aber auch meine Finger werden gezielt genutzt. Das bloße Berühren und Auspacken der Verpackung macht Lust auf Entdeckung und gibt mir das Gefühl etwas zu besitzen. Bereits die bloße Beobachtung, wie andere etwas auspacken, macht es schon viel interessanter und wertvoller.
Gewöhnungssache
Verpackungen aus Plastik machen’s möglich. Kostengünstig und vielseitig gestaltbar, manipuliert es unser Verhalten bestens. Die schlimmen Folgen für Mensch und Natur werden dabei genüsslich ausgeklammert. Das ist ja schließlich negativ, und mit negativen Gefühlen kaufen wir nichts. Neben der mehrteiligen Hauptverpackung ist oft jedes Einzelteil nochmal verpackt. Das läge an den komplizierten Produktionsverfahren, sagen die Unternehmen, schließlich solle das Essbare ja bei hoher Qualität sicher transportiert und geschützt werden. Das Verpackungen den Verkauf fördern, dass erwähnen sie nicht. Nun ja.
Aber quitt wollen sie die Verpackung werden. Stellen zu kleine Boxen mit zu kleinen Einwurflöchern auf, die nicht mal ansatzweise die Menge an Verpackung aufnehmen können, die sich täglich verkaufen. Blos nicht motivieren, die Verpackung noch vor Ort zu entsorgen. Das kostet Geld. So landet viel Verpackung – so schön sie auch ist – in den privaten Müll. Oder die Umwelt. Ein trauriges Ende.
Leider haben wir uns an Verpackungen gewöhnt. An all die Farben, Formen, an das Knistern der Chips-Tüte und der dem Gefühl, dazu zu gehören. Und die Supermärkte am Umsatz.