Wer A sagt, muss auch B sagen

Maaßen's Dilemma

Als der Präsident des Verfassungsschutzes, Hans-Georg Maaßen, am 07. September 2018 in der BILD-Zeitung ein Video in Chemnitz als „gezielte Falschinformationen“ bewertete, hätte er eigentlich wissen müssen, worauf er sich einlässt. Das Video enthält offensichtlich eine Szene mit rassistischen Angriffen durch Teilnehmer einer rechtsextremen Kundgebung. Verschiedene Medien (ZEIT, Tagesschau, ntv und weitere) überprüften das Video daraufhin und bestätigten dessen Echtheit. Maaßen, der sich aufgrund der eindeutigen Beweislage und des öffentlichen Drucks genötigt sah, seine Aussagen mittlerweile in Teilen zu relativieren, steckt jetzt in einem Dilemma.

Wäre er trotz der eindeutigen Echtheit des Videos bei seiner ursprünglichen Darstellung geblieben, würden viele an seiner Kompetenz als oberster Verfassungsschützer zweifeln. Ändert er seine Auffassung (was er letztlich unter Druck auch tat), würden viele ebenfalls an seiner Kompetenz als oberster Verfassungsschützer zweifeln. Egal, für welche Option er sich entschieden hätte, seine Glaubwürdigkeit hat dadurch einen großen Schaden abbekommen.

Sein Dilemma ergibt sich aus einem so banalen wie grundlegenden sozialen Prinzip: Wer A sagt, der muss auch B sagen. Die Öffentlichkeit erwartet ganz besonders von verantwortlichen Personen wie Maaßen, dass sie ihre Aussagen auch konsistent vertreten. Es handelt sich um eine unausgesprochene Verpflichtung, dass in diesem Sinne jeder auch die Konsequenzen für sein Handeln übernimmt. Das in diesem Sinne Rücktrittsforderungen gestellt werden, war somit absehbar.

Streben nach Konsistenz

Wir Menschen streben gemeinhin und in nahezu jeder Situation nach Konsistenz zwischen dem, was wir anderen gegenüber kundtun und dem, wie wir handeln. Das erwarten wir genauso von anderen Menschen. Erst durch solche sozialen Normen gewinnen wir an Sicherheit und Vertrauen – auch gegenüber Personen, die wir nicht persönlich kennen. Sicherheit und Vertrauen, etwas das Hans-Georg Maaßen mit seinem inkonsistenten Verhalten bei so einigen verspielt haben dürfte. Sicherheit und Vertrauen, was doch erst recht für eine Behörde wie den Verfassungsschutz von so elementarer Bedeutung ist um von der Gesellschaft akzeptiert zu werden. Sicher, Maaßen ist bei weitem nicht der erste und auch nicht der letzte, dem das widerfährt. Aber vor dem Hintergrund der neuerlichen Medienberichterstattung über mögliche Treffen mit der AfD wird Spekulationen Tür und Tor geöffnet.

Im Marketing wenden Verkäufer das soziale Prinzip „Wer A sagt muss auch B sagen“ im Rahmen ihrer Verkaufsgespräche an („Commitment“). Sie lassen ihre Kunden Formulare, Anträge und ähnliches selbst ausfüllen – mit dem Hintergedanken, dass diese Norm, das Streben nach Konsistenz, dazu führt, vom Widerrufsrecht weniger Gebrauch zu machen. Als Präsident des Bundesverfassungsschutzes ist Maaßen seinem Amt verpflichtet („A“). Wie nun Maaßens „B“ aussieht, ist dagegen unklar.

 

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