Das Böse

Eine Visualisierung

Na, wie stellst du dir das Böse vor? Ist es Lord Voldemort aus Harry Potter oder doch eher Luzifer als Inbegriff des moralisch Falschen? Das Böse als Wurzel allen Übels fasziniert seit jeher Menschen aller Welt. Mal als Person, mal als Geist schreiben Zeitgenossen dem Bösen immer wieder die gleichen Eigenschaften zu. Das Böse ist hässlich. Es ist hinterhältig und hat nur schlechtes im Sinn. Es verführt und ist die Quelle allen Übels, wie etwa Krankheiten und der Tod. Es reicht nicht, dass das Böse das Gegenteil von Gut ist, nein, es macht nur Sinn, wenn es sich mit dem Guten duelliert. Ein ständiger Kampf also.

Schnell fallen einem bestimmte Farben ein. Im finsteren Schwarz muss das Böse sein. Am besten in einem Gemenge mit brennenden Rot- und leblosen Grautönen. Schließlich brennt die Hölle, in der alles Leben zu Grunde geht. Lord Voldemort ist so ein Beispiel. Rauchschwarze Kleider, leichengraues Gesicht und blassrote Lippen und Tränensäcke. Er ähnelt in seinem Aussehen so ziemlich dem Imperator aus Star Wars und dutzenden weiteren Bösewichten. Das Böse sieht immer gleich aus.

Wo das Böse rumläuft, begleiten ihn regelmäßiger Herrlichkeit Ratten; Spinnen und Fledermäuse. Es zeichnet sich wahlweise durch ein auf der Spitze stehendes Pentagramm, auch Druidenfuß genannt, oder durch ein umgedrehtes Kreuz (Petruskreuz) aus. Wem das zu abstrakt ist, der verwendet direkt Totenköpfe. Das Böse hat auch im echten Leben viele Namen: Bandit, Gauner, Verbrecher, Schuft, Ganove, Halunke. Sie alle gieren nach Verbotenem und stellen eine Bedrohung für den Unbescholtenen dar.

Das geheime Zitat des Guten

Doch irgendwie fasziniert das Böse auch. Nahezu jede Kultur und jede Religion unterscheidet zwischen guten und bösen Taten. Zwischen richtig und falsch. Zwischen Moral und Unmoral. Ohne das Gegenüber kann das Böse nicht existieren. Schwarz und Weiß. Oben und Unten. Freund und Feind. Leben und Tod. Diese Liste an gegensätzlichen Polen ließe sich noch beliebig weit fortführen. Mensch denke nur an zwei Smileys, deren einziger Unterschied darin besteht, ob die Mund-Kurve nach Oben oder unten zeigt. Plopp, da ist es wieder, das Böse. Das Böse findet sich in Gegenkulturen. Metals und des Gothics leben ihre Geschichten mit den Tönen und Farben des Bösen. Es ist die Geschichte von Angst und Wut, von Furcht und Leid. Es verführt. Eine Geschichte von Kontrasten und Gegensätzen.

Kurzum: Auch das Böse ist ein Stereotyp. Im Kampf mit dem Guten erzeugt das Böse Spannung. Firmen machen sich diese Spannung zu Nutze, wenn sie die Farben und Formen des Bösen in die Gestaltung ihrer Produkte und Werbung integrieren. Schonmal auf die bösen drein guckenden Fahrzeugscheinwerfer einiger Sportwagen geachtet? Sie erinnern an schräg zugespitzten Augen. Oder auf den aggressiven Rot-Schwarz-Farbkontrasten bei Bohrmaschinen? Oder die auf T-Shirts verwendeten Schriftarten mit spitzen und unregelmäßigen Zacken. Dreiecke, besonders wenn sie spitz aufeinander zulaufen, wirken aggressiv und zerstörerisch. Desto spitzer, desto gefährlicher wirken dann Zähne von Haien, Aliens und Co.

Das Böse, so lässt es sich getrost sagen, ist eine visuelle Institution. Es begleitet die Menschheit seit jeher durch alle Lebenslagen. Es ist beschreibbar wie ein Schatten unserer Selbst. Der Schatten unseres Daseins. So verwundert es nicht, wenn die bildhafte Sprache des Bösen mit der des Guten immer in einer spannenden und verführerischen Beziehung steht. Denn das Böse ist nichts weiter als ein geheimes Zitat des Guten. Farben und Form des Bösen ist immer relativ. Denn ohne Gut gibt es kein Böse.

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