„Frauen können nicht rechnen!“

Vorurteile über Frauen

Peter Scholze, Akshay Venkatesh, Caucher Birkar und Alessio Figalli. So heißen sie nun, die vier Träger der diesjährigen Fields-Medaille. 4 Herren. Wieder einmal. Die Fields-Medaille, quasi der innoffizielle Mathematik-Nobelpreis, wurde bisher nur ein einziges Mal an einer Frau vergeben. Das war vor vier Jahren. Der Journalist Holger Dambeck fragt in seinem Bericht über die Verleihung zurecht: „Mathe = Männersache?“.

Geht es nach der Wahrnehmung so mancher Zeitgenossen, dann sind Frauen „halt einfach nicht so gut“ im Rechnen. Ein weitverbreitetes und sexistisches Vorurteil. Bereits in den 1990er Jahren legten Studien der Harvard-University nahe, dass Frauen in Mathematik-Tests tatsächlich schlechter abschnitten – allerdings nur unter der Bedingung, dass sie zuvor an weibliche Stereotype erinnert wurden. Unterblieb dies, so zeigten sich keine Unterscheide gegenüber Männern. Dieser psychologische Effekt nennt sich „stereotype threat“; also eine Bedrohung durch Stereotype. Eine solche Bedrohung entsteht in unserem Mathematik-Test zum Beispiel gleich zu Beginn mit der Frage nach der Geschlechtszugehörigkeit. Auch vorurteilsbehaftete Kommentare des Prüfers bis hin zur bloßen Anwesenheit männlicher Teilnehmer führen oft zu schlechteren Leistungen bei Frauen.

Erklärt wird dieser Effekt durch Ängste, Stress und negative Gedanken bei den Betroffenen. Sie konzentrieren sich weniger auf den eigentlichen Test, sondern vielmehr darauf, solche Vorurteile nur ja nicht zu bestätigen. Ihre Leistung lässt nach und siehe da – die Vorurteile werden für die männlichen Teilnehmer scheinbar doch bestätigt. Aber nur scheinbar. Der Effekt ist vergleichbar mit einer selbsterfüllenden Prophezeiung.

Sind etwa die Medien schuld?

Aber es kommt noch dicker. Vorurteile werden durch das Bild, das Medien von Frauen vermitteln, noch verstärkt. Erstens sind Frauen im Fernsehen unterrepräsentiert. Es finden sich in Kinofilmen & TV-Formaten (Ausnahme: Soaps) nur halb so viele Frauen wie Männer unter den Hauptcharakteren. Zweitens: Frauen werden in bestimmten Rollen gezeigt: schlank, attraktiv, weniger einflussreich und häufiger ohne Beruf als ihre männlichen Kollegen. Mal fröhlich, mal nett, mal traurig erscheinen Frauen. Sie werden allgemein viel emotionaler als Männer dargestellt. Würde „man“ einem solchen Stereotyp die Fields-Medaille zutrauen? Wohl kaum.

Das liegt auch daran, dass Medien einen größeren Einfluss auf unsere Gefühle, unser Denken und unser Verhalten ausüben, als wir oftmals wahrhaben wollen. Handlungen in Zeitschriften, Büchern & Filmen imitieren wir, sie haben ohne dass wir es merken eine Art Vorbildfunktion. Medien verfestigen die althergebrachte gesellschaftliche Norm der Frau als „schwaches Geschlecht“.  Auch das zeigten viele Studien in den letzten Jahren. In der Medienwelt interessieren sich Frauen bisher meistens mehr für ihre Gewichtsabnahme als für die eine wissenschaftlich-mathematische Definition perfektoider Räume. Genau dafür wurde Peter Scholze mit der Fields-Medaille ausgezeichnet. Es ist ein gängiges Bild, was immer noch viele Filmemacher von uns verbreiten: Frauen sollen schön aussehen, Männer hart arbeiten.

Aber es gibt Hoffnung. Laut Holger Dambecks Bericht ist der mathematischen Wissenschaftswelt das Problem bewusst. Schließlich gibt es ja auch eine ganze Reihe an Frauen, die mathematische Höchstleistungen erbringen. In vier Jahren findet die nächste Verleihung der Field-Medaillen statt.

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